Historisches Wappen von Dudweiler

Dudweiler

Informationsportal Dudweiler, Saarland

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Der Alte Turm

Zeuge der Dudweiler Geschichte aus dem 14. Jahrhundert


Wenn ich in der Küche oder im Arbeitszimmer aus dem Fenster schaue, dann sehe ich direkt auf die Turmschule und das zugehörige Schulgelände, welche sich zwischen der Sulzbachtalstraße und der St. Ingberter Straße befinden. Morgens sehe ich oft die Kinder auf dem Schulhof spielen. Ob diese Jungs und Mädchen wissen, dass sie besonders privilegiert sind? Und ob sie ihr Privileg auch zu schätzen wissen, wo es doch rein ideeller Natur ist? Mitten auf ihrem Schulhof steht der Alte Turm. Der Alte Turm ist nicht nur das älteste Bauwerk in Dudweiler, er steht auch auf dem Grund, der den Beginn der schriftlich dokumentierten Geschichte Dudweilers markiert.

Der Alte Turm ist der überrest einer frühgotischen Kirche, die vermutlich zu Beginn des zweiten Viertels des 14. Jahrhunderts erbaut wurde. Der Ort, an dem der denkmalgeschützte Turm steht, weist jedoch zurück bis zu den Anfängen der mehr als 1000-jährigen Geschichte von Dudweiler.

Die älteste urkundliche Erwähnung Dudweilers findet sich in einer von Kaiser Otto II. unterzeichneten Urkunde vom 11. Mai 977. In diesem Dokument werden der äbtissin Helwidis die Besitzungen des Nonnenklosters St. Peter in Metz bestätigt. Hierzu gehören unter anderem die Kirche in Malstatt (Madalstat) und eine Kapelle in "Duodonisvillare". Wann genau diese Kapelle erbaut wurde, und von wem, ist nicht bekannt (Anmerkungen). Das Dokument wurde 993 von König Otto III. bekräftigt. Als Anfang August 1883 im Innern des Alten Turms Ausgrabungsarbeiten vorgenommen wurden, stieß man auf altes Mauerwerk, von dem man annimmt, dass es zu dem Fundament der alten Kapelle aus dem 10. Jahrhundert gehört. Wenn diese Annahme zutrifft, dann markiert der Alte Turm genau den Ort, an dem die urkundlich dokumentierte Geschichte Dudweilers beginnt (dass Dudweiler schon sehr viel früher besiedelt war, wird an anderer Stelle dargestellt).

Dudweiler wurde zu Beginn des 14. Jahrhunderts zu einer eigenen Pfarrei, und in dieser Zeit wurde dann ein neues Gotteshaus errichtet. Bei der Planung und den Bauarbeiten zu der frühgotischen Kirche erhielt man vermutlich Unterstützung von St. Arnual, wo sich der Bau der Stiftskirche dem Ende näherte.

Die frühgotische Kirche ist offenkundig sehr klein gewesen. Eigene grobe Ausmessungen des Alten Turms ergaben folgende Werte: Nordseite 7,58 Meter, Ostseite 7,68 Meter, Südseite 7,48 Meter, Westseite 7,68 Meter. Das Erdgeschoss des Turms beherbergte den Chor. Da es sich um eine Ostturmkirche handelt, schloss das Kirchenschiff an der Westseite des Turms an. Dort ist der Dachansatz über dem Chorbogen auch heute noch gut erkennbar. Das Schiff hatte lediglich die Breite des Turms, also etwa 8 Meter; und man nimmt an, dass es etwa doppelt so lang wie breit war, also etwa 16 Meter. Zudem war das Schiff sehr niedrig. Eine gute Vorstellung über das ursprüngliche Aussehen des frühgotischen Gotteshauses gibt die folgende zeichnerische Rekonstruktion von J. Gottfried Schabert.

Frühgotische Kirche in Dudweiler aus dem 14. Jahrhundert.
Die im 14. Jahrhundert erbaute frühgotische Kirche (Rekonstruktionsversuch), bis zur Einführung der Reformation Stätte der Messen und Andachten. Der Friedhof um die Kirche wurde durch die etwa 1 m hohe Kirchhofsmauer begrenzt. Bis 1716 stand auf dem Friedhof ein "Beinhaus", in dem die Gebeine (Schädel und Knochen) der früher Verstorbenen aufgeschichtet waren.
(Abbildung und Text aus "Dudweiler Album", S.48).


Eine wichtige Zäsur beschreibt Ruppersberg (1923) wie folgt: "Im Jahre 1556 erhielt Johann Stephan von Herbitzheim die Pfarre ... Dieser Pfarrer Stephan, später Johann Krahe genannt, bekannte sich bei der Visitation im Jahre 1575 zur Augsburgischen Konfession und wurde darauf in seinem Amte bestätigt. Damit war die Reformation in Dudweiler eingeführt" (S.113). Von nun an und bis zu ihrem Ende war die alte Kirche ein evangelisches Gotteshaus. (über das beschwerliche Leben der früheren evangelischen Pfarrer von Dudweiler finden sich bei Ruppersberg einige hoch interessante Einzelheiten; S.113-130.)

Der bauliche Zustand der frühgotischen Kirchenschiffs muss im Laufe der Zeit, vor allem in Folge der lang andauernden Kriege des 17. Jahrhunderts, sehr stark gelitten haben. Obwohl kurz vor 1700 Reparaturarbeiten begonnen wurden, die bis 1702 andauerten, klagte Christian Ludwig Barthels, als er 1714 sein Amt als Pfarrer in Dudweiler antrat, über den erbärmlichen Zustand:
Es hat die Kirche zu Dudweiler bei meiner Ankunft eher einem Stall als einer Kirche oder einem Gotteshaus ähnlich gesehen, indem die Leute nur auf Balkenstücken und Steinen gesessen, auch nur etliche Bretter im Chor angenagelt waren samt 4 Weiberstühlen von Dielen.   (Ruppersberg, 1923, S.130)
An die umfangreichen Ausbesserungsarbeiten, die im Jahre 1714 begonnen und 1716 abgeschlossen wurden, erinnert ein Gedenkstein, der nach dem Abbruch der alten Kirche im Jahre 1908 in der Eingangshalle der Christuskirche eingemauert wurde. 1717 wurde auch der Turm ausgebessert. 1738 wurde dann schließlich das sehr kleine alte Kirchenschiff von Grund auf neu gebaut und erweitert. Eine Skizze des Grundrisses findet sich bei Saam (1972, S.23).
Grundriss der alten Kirche in Dudweiler nach dem Umbau 1738.
Das 1738 neu erbaute Kirchenschiff hatte einen rechteckigen Grundriß mit knapp 18 m Außenlänge und etwa 10 m Breite. Die nördliche Langseite wurde 2 m außerhalb der alten niedergelegten Wand errichtet; die Südwand des früheren Kirchenschiffes scheint hingegen noch ziemlich gut erhalten gewesen zu sein, jedenfalls hat man an das alte Gemäuer außen eine Verstärkungswand hochgezogen und die Mauer in der neuen Breite nach Westen weitergeführt. .. die Achse des Schiffes war also im Vergleich zum frühgotischen Kirchenschiff nach Norden verschoben worden. Im Innern war an den beiden Langseiten sowie an der westlichen Giebelseite eine durchlaufende Empore.   (Saam, 1972, S.23)
Durch die Erweiterung im barocken Stil hatte das Kirchenschiff nicht nur eine etwas größere Grundfläche erhalten, es war auch wesentlich höher als sein frühgotischer Vorgänger. Der Unterschied zeigt sich deutlich, wenn man die beiden folgenden Abbildungen mit der obigen
Rekonstruktionsskizze vergleicht.

Der Alte Turm in Dudweiler. Die alte Kirche.
über das Aussehen der alten Kirche nicht lange vor dem Abriss des Kirchenschiffs informiert das Foto, welches Ruppersbergs "Geschichte der Gemeinde Dudweiler" entnommen ist (Seite 130).
Der Alte Turm in Dudweiler. Die alte Kirche.
Die Zeichnung der alten Kirche samt Kirchhofsmauer und umgebendem Friedhof stammt aus dem Jubiläumsband "Dudweiler 977-1977" (Seite 148).


Die erweiterte Kirche diente bis zum Jahre 1882 als Gotteshaus. Dann wurde sie durch die neu erbaute sehr viel größere evangelische Christuskirche ersetzt (die unmittelbare Nähe von alter Kirche, bzw. dem Alten Turm und der Christuskirche ist auf den unten folgenden Fotos gut zu erkennen). Als dann auf dem früheren Kirchplatz ein großes Schulhaus errichtet wurde -- die heutige Turmschule -- wurde das alte Kirchenschiff abgerissen. Der Alte Turm jedoch wurde unter Denkmalschutz gestellt und im Jahre 1910 ausgebessert. über die kunstgeschichtliche Bedeutung des denkmalgeschützten Alten Turms schrieb der Provinzialkonservator für die Rheinprovinz, Professor Dr. Renard im Jahre 1911:
Der aus großen roten Sandsteinquadern erbaute und mit einem Satteldach zwischen massiven Giebeln angeschlossene Turm ist wohl der letzte Ausläufer jener großen Gruppe von romanischen Ostturmanlagen in der näheren und weiteren Umgebung von Trier. Wohl kommt der oblange Ostturm, dessen Erdgeschoß als Chor dient, und dessen westliche Langwand in ganzer Breite als Triumphbogen geöffnet ist, auch noch in spätgotischer Zeit vor, dann aber wohl nie mit dem für die romanischen Bauten dieser Gruppe charakteristischen Satteldach, das hier in Dudweiler sich noch findet. Es scheint, daß der Aufbau im wesentlichen der Mitte oder der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts angehört"   (in Ruppersberg, 1923, S.134).

Der Alte Turm in Dudweiler. Die alte Kirche.
Blick nach Dudweiler Nord. Im Vordergund alte Kirche. Links Rathausstraße und Neuhauser Weg; quer die Sudstraße. Der Lauf des Sulzbachs ist recht gut zu erkennen. Das Foto macht auch deutlich, dass die Sulzbachtalstraße, die heute die Hauptverkehrsverbindung darstellt, zu jener Zeit noch lange nicht existierte. (Quelle: Historische Beiträge aus der Dudweiler Geschichtswerkstatt, Band 4, S.100.)

Aus meinem Fotoalbum: Bilder vom Alten Turm

Der Alte Turm in Dudweiler. Ansicht von Nord nach Süd
Der Schulhof der Turmschule. Die Ansicht von Nord nach Süd zeigt die Nordseite des Turms. Im Hintergrund links: Rückseite der Gaststätte zum Alten Turm. Im Hintergund rechts die Christuskirche, welche als Nachfolgerin der alten Kirche erbaut wurde. Am rechten Bildrand die Turmschule.
Der Alte Turm in Dudweiler. Schulhof der Turmschule. Links Christuskirche, rechts Turmschule.
Der Alte Turm ist ohne Zweifel das Schmuckstück des Schulhofs der Turmschule. Ansicht von Nord-Ost nach Süd-West. Links die Christuskirche, rechts die Turmschule.
Der Alte Turm in Dudweiler (ganz links versteckt); Turmschule, Christuskirche, St.Marien.
Ein imposanter Blick aus meinem Küchenfenster (Juli 2002). Angesichts des starken Gewitters versteckt sich der Alte Turm hinter der Turmschule. Die evangelische Christuskirche ist der Ausgangspunkt eines mächtigen Regenbogens, der sich bis zum Brennenden Berg erstreckte. Rechts oben thront die katholische St. Marien Kirche.
Der Alte Turm in Dudweiler. Schulhof der Turmschule kurz vor Schulbeginn. Februar 2003.
Blick auf den Schulhof der Turmschule.
Februar 2003. Es ist kurz nach 8 Uhr morgens. Die Sonne ist gerade aufgegangen und die Schule fängt gleich an. Der Alte Turm sieht dem Treiben mit Gelassenheit zu.
Der Alte Turm in Dudweiler. Dachansatz des Kirchenschiffs an der Westseite des Alten Turms.


Anmerkungen
Ruppersberg (1923, S.12-14) macht im Zusammenhang mit der Frage "Wie kommen nun die Nonnen von St. Peter zu diesem Besitz?" einige höchst lehrreiche Anmerkungen.
Wir wissen, daß der Bau von Kirchen im frühen Mittelalter von den Grundherren ausging, die damit das Recht des Patronats, d.h. der Besetzung der Pfarrstelle und der Erhebung des Zehnten erwarben. Diese Kirchen nennt man Eigenkirchen.
'Die zahlreichen Eigenkirchen, die nach und nach das Zehnrecht erlangt hatten, warfen für ihre Herren eine ganz außerordentlich hohe Rente ab, die mit zunehmender Bevölkerung sich fortwährend steigerte. Die Kirchengründung war vielleicht die vorteilhafteste Kapitalanlage des frühen Mittelalters, weshalb denn auch unzähige Kirchen ebensowohl aus Spekulation wie aus Frömmigkeit gebaut wurden' (Ulrich Stutz, Die Eigenkirche. Berin 1895, S.43).
Die übertragung von Kirchenpatronaten an Klöster war in dieser Zeit die sicherste Art der Schenkung und allgemein üblich. Es ist wohl anzunehmen, daß die Kapelle in Dudweiler von einem weltlichen Herrn erbaut und von diesem vielleicht auf die Fürbitte seiner Frau, die den Nonnen von St. Peter sich freundlich erweisen wollte, diesem Kloster geschenkt worden war. Unsere Gegend gehörte ja zu dem Bistum Metz. ... Mit diesem Besitz ist es wohl ebenso gegangen wie mit der Kirche von Malstatt. Um sein Eigentum gegen rechtswidrige Eingriffe zu schützen, wählte das Kloster den benachbarten Grafen von Saarbrücken, der zugleich der größte Grundbesitzer der Gegend war, zu seinem Schirmvogt und übertrug ihm einen Teil der Kirchengüter als Vogteigut, und mit diesem begabten die Grafen ihre Lehnsleute. ... Den Zehnten von Dudweiler hat der Graf von Saarbrücken vielleicht schon bald käuflich erworben; jedenfalls hören wir von den Nonnen von St. Peter in Dudweiler nichts mehr, wohl aber von dem Grafen von Saarbrücken und seinen Lehnsleuten.

Saam (1972) schreibt: "Ruppersberg nimmt an, daß diese Kapelle erst um das Jahr 970 erbaut worden ist, weil sie in einer anderen Urkunde für Malstatt aus dem Jahr 960 nicht genannt ist. Von Malstatt aus wurde Dudweiler mit einiger Wahrscheinlichkeit bis um das Jahr 1300 seelsorgerisch betreut" (S.19).
Bei Ruppersberg (1923) selbst finden sich hierzu folgende Passagen: "Die Kapelle war, wie aus einer Urkunde König Otto I. v. J. 960 hervorgeht, erst kurz vorher erbaut worden [Fußnote: Jungk, Regesten Nr. 29, 31 u. 33)]. Wer die Kapelle erbaut hat, wird nicht berichtet" (S.12). "Sie scheint, wie Jungk (Heimatkunde 2. A. S. 74) mit Recht vermutet, erst kurz vorher erbaut worden zu sein, da sie in der Bestätigungsurkunde für Malstatt vom Jahre 960 nicht erwähnt wird" (S.112).



Quellen

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